Die Presse: Die Werte trennen Alte und Junge
Unterschiedliche Arbeitseinstellungen und unterschiedliches Leistungsverständnis sind die Hauptgründe, warum die einzelnen Generationen oft aneinander vorbeireden.
Ganz gleich, in welchem Unternehmen Mitarbeiter befragt werden – kaum jemand ist mit der Kommunikations-, Kooperations- und Konfliktsituation zufrieden: In den beiden ersten Feldern passiert den Mitarbeitern meist zu wenig, über einen Mangel an Konflikten hingegen wird nur ausnahmsweise geklagt. Überraschend ist daher das Ergebnis einer Studie von Emenda – Consulting Partners unter mehr als 120 Inhabern, Geschäftsführern, Vorständen und Führungskräften in Österreich: Befragt nach dem Verhalten im Hinblick auf die verschiedenen Generationen unter den Mitarbeitern im eigenen Unternehmen ergab sich das deckungsgleiche Bild – zu wenig Kommunikation, zu wenig Kooperation und zu viele Konflikte. Als Haupttreiber für diese Situation ermittelten Emenda-Geschäftsführer Herbert J. Konhäusner und sein Interviewteam vor allem unterschiedliche Arbeitseinstellungen und unterschiedliches Leistungsverständnis, Inflexibilität und das mit Ellbogenmentalität und Machtkämpfen verbundene Karrierestreben. Bei einem Drittel der Unternehmen ortet Konhäusner diesbezüglich Verbesserungsbedarf. Dass die Situation verbesserungswürdig sei, zeige sich an der übertriebenen schriftlichen Kommunikation, darin, dass persönliche Kontakte vermieden werden, Vorwürfe im Raum stehen, sich Cliquen bilden und es am gegenseitigen Respekt mangelt.
Mit falschem Etikett zugeklebt
Was für Konhäusner bemerkenswert ist: Diese Probleme werden sowohl von Führungskräften als auch von Mitarbeitern bemerkt, „doch in vielen Fällen werden sie mit dem falschen Etikett zugeklebt“. Nur selten würden unterschiedliche Generation und damit unterschiedliche Werthaltungen und Wertsysteme als Ursache identifiziert, „sondern die Probleme auf die Kommunikation geschoben – nur so löse ich sie nicht“. Was es Führungskräften wie Mitarbeitern bringen würde, die Ursachen für Konflikte und mangelnde Kommunikation wie Kooperation zu dekodieren, fasst Konhäusner zusammen: „Es bringt mehr Zeit, andere Probleme zu lösen, es wirkt sich positiv auf das Betriebsklima aus. Und es gelingt besser, Aktivitäten zu priorisieren.“ Und letztlich wirkt sich höhere Sensibilität für die Ursachen auch für das Unternehmen positiv aus: höherer Output bei gleichem Input, besserer Wissenstransfer und verstärkte Zusammenarbeit. Konhäusner rät daher dazu, sich intensiv mit den Wertelandkarten der Mitarbeiter und Kollegen auseinanderzusetzen. Das gelinge besonders außerhalb des Arbeitsalltags gut – bei einem gemeinsamen Essen oder einer gemeinsamen Freizeitaktivität. Dabei sei es gar nicht notwendig, dass daraus generationsübergreifend beste Freundschaften entstehen. Es genüge das Interesse daran, wie die anderen ticken, warum ihnen etwa exakt eingehaltene Arbeitszeiten, bestimmte Formalitäten oder bestehende Routinen wichtig sind.
Ganz spezielle Dolmetscher
Außerdem rät Konhäusner, so etwas wie Kommunikationsdolmetscher zu etablieren – oder im Idealfall alle Mitarbeiter im Team dazu zu machen. Ihre Aufgabe: Sie sorgen dafür, dass nicht nur miteinander geredet wird, sondern dass sich die Gesprächspartner auch verstehen.
(Michael Köttritsch, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 26.09.2015)